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Die Qual der Ambivalenz – und wie du kluge Entscheidungen triffst

Die Qual der Ambivalenz – und wie du kluge Entscheidungen triffst

31.03.2025 | Fällt es dir manchmal auch schwer, dich klar für oder gegen etwas zu entscheiden? Ich höre diesen Satz auf jeden Fall sehr oft und deshalb soll es heute um ein Thema gehen, das in der Selbstführung eine größere Rolle spielt, als wir oft denken: die Ambivalenz und die Frage, wie wir es schaffen können, in solchen Momenten kluge Entscheidungen zu treffen.

Die kleinen Entscheidungen des Alltags

Entscheidungen zu treffen gehört zu unserem Alltag und ist ein zentraler Ausdruck von Selbstführung. Viele davon nehmen wir kaum bewusst wahr, weil wir sie intuitiv und in Millisekunden fällen, ohne länger darüber nachzudenken: Beginne ich den Tag mit einem schnellen Blick aufs Handy oder starte ich ihn in Ruhe mit einem Kaffee? Fahre ich mit dem Rad oder nehme ich die Bahn? Bleibe ich mittags am Schreibtisch sitzen oder gehe ich kurz an die frische Luft? In all diesen kleinen Momenten zeigt sich, wie wir mit uns umgehen, worauf wir hören und was wir uns selbst zugestehen. Bestenfalls sind wir schon geübt in der Wahrnehmung unserer Bedürfnisse und lassen diese auch bei schnellen Entscheidungen automatisch mit einfließen.

Wenn Entscheidungen schwerfallen

Nicht immer aber ist es einfach, sich zu entscheiden, und wir geraten in Situationen, die uns zögern lassen. Selbst bei kleinen Entscheidungen merken wir dann manchmal, wie schwer es uns fällt, klar zu wählen – weil uns beides wichtig scheint, weil wir in dem Augenblick nicht gut wahrnehmen, was uns gerade wirklich guttut, oder weil wir uns einfach unsicher sind, was jetzt richtig ist – für uns, für die Situation, für das, was gerade ansteht.

In solchen Momenten taucht Ambivalenz auf – wir können uns nicht klar festlegen, unsere Gedanken kreisen, und wir kommen aus der Endlosschleife des rationalen Abwägens nicht raus.

Warum unser Gehirn Entscheidungen lieber meidet als trifft

Ein Grund für diese innere Zerrissenheit liegt tief in unserem Gehirn verankert. Unser Nervensystem verfolgt vor allem ein Ziel: Sicherheit. Eine falsche Entscheidung könnte negative Konsequenzen haben, und diese Unsicherheit macht es uns schwer. Unser Gehirn möchte Fehler vermeiden – und das führt dazu, dass wir manchmal lieber gar nicht entscheiden, aus Angst, wir könnten diese Entscheidung im Nachgang bereuen.

Ambivalenzen entstehen vor allem aber auch dann, wenn zwei zentrale Bereiche unseres Gehirns in einen inneren Konflikt geraten: das limbische System und der präfrontale Kortex.

Das limbische System ist unser emotionales Steuerzentrum. Es verarbeitet nicht nur spontane Impulse und Ängste, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle, wenn es um unsere grundlegenden Bedürfnisse geht. Es registriert, was uns wirklich entspricht, wo wir uns wohlfühlen, wo wir langfristig Energie schöpfen können, und teilt uns dies mit wertvollen Körpersignalen oder Gefühlen mit.

Der präfrontale Kortex hingegen ist für rationales Denken zuständig. Er analysiert unsere Optionen, wägt Vor- und Nachteile ab und prüft, welche Wahl strategisch am sinnvollsten ist.

Zwischen den beiden Bewertungssystemen kann es nun zu einem entscheidenden Widerspruch kommen: Während das limbische System vielleicht bereits ein klares Gefühl signalisiert – ein inneres „Ja, das ist es!“ oder „Nein, das fühlt sich nicht richtig an!“ –, stellt der präfrontale Kortex weiterhin kritische Fragen. „Ist das auch langfristig klug?“, „Gibt es eine bessere Alternative?“, oder „Was, wenn ich mich irre?“. Dieses Hin und Her zwischen intuitivem Gespür und rationaler Analyse kann dazu führen, dass wir innerlich in der Schwebe bleiben.

Erschwerend kommt hinzu, dass unser Gehirn potenzielle Verluste stärker gewichtet als mögliche Gewinne. Das macht uns vorsichtig, besonders in unklaren Situationen. Außerdem kostet Denken Kraft. In Phasen von Erschöpfung, Druck oder Reizüberflutung greift das Gehirn gern auf gewohnte Muster zurück oder meidet komplexe Entscheidungen ganz.

Diese neurobiologischen Mechanismen zeigen, warum es manchmal so schwer ist, eine klare Wahl zu treffen. Unser Gehirn ist ein komplexes System, das Sicherheit, Effizienz und Energieersparnis anstrebt. Gleichzeitig sorgt das Zusammenspiel aus limbischem System und präfrontalem Kortex dafür, dass wir in Entscheidungssituationen oft widersprüchliche innere Bewertungen wahrnehmen.

Was eine Entscheidung klug macht

Was kann dir nun helfen, eine Entscheidung zu treffen, die dir am ehesten entspricht und sinnvoll erscheint? Dafür gelten keine allgemeingültigen Regeln und eine kluge Entscheidung ist keine perfekte Entscheidung – denn Perfektion gibt es in diesem Zusammenhang nicht. Oft glauben wir, eine kluge Entscheidung müsse sich auch langfristig als „richtig“ erweisen, doch das ist eine Illusion. Wir können nicht wissen, was die Zukunft bringt, welche Wendungen das Leben nimmt oder welche neuen Erkenntnisse wir in einigen Jahren haben werden. Das Einzige, was wir tun können, ist im Hier und Jetzt eine Wahl zu treffen, die sowohl unserem Verstand als auch unserem Unbewussten gerecht wird. Genau das macht eine Entscheidung klug.

Kluge Entscheidungen basieren auf einem inneren Dialog. Unser Verstand prüft, welche Fakten und Argumente für oder gegen eine Wahl sprechen, während unser limbisches System eine tiefere Einschätzung trifft: Passt diese Entscheidung zu meinen Bedürfnissen, zu meinen Werten, zu meinem Leben, zu der Situation? Dieser Austausch zwischen rationaler Analyse und körperlichem Spüren hilft uns, eine Entscheidung zu treffen, die sich jetzt stimmig anfühlt – ohne Garantie, aber mit einer soliden Basis.

Kluge Entscheidungen sind nicht diejenigen, die uns sofort Sicherheit geben oder uns von jeder Unsicherheit befreien. Sie sind die, bei denen wir nach bestem Wissen und Gewissen mit den Informationen und Empfindungen arbeiten, die uns gerade zur Verfügung stehen. Sie entstehen weder aus Angst noch aus Druck, sondern aus einer bewussten Reflexion: Was ist für mich im Moment die beste Wahl?

Zudem sind kluge Entscheidungen realistisch. Sie passen in unser Leben, sind umsetzbar und berücksichtigen unsere Ressourcen. Eine Entscheidung kann noch so logisch erscheinen – wenn sie sich in der Praxis nicht verwirklichen lässt oder an unserer Realität vorbeigeht, wird sie uns nicht weiterbringen.

Entscheidungskompetenz und Selbstführung

Entscheidungen zu treffen bedeutet, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Sie geben unserem Alltag Struktur, schaffen Orientierung und sorgen dafür, dass wir nicht passiv in Situationen verharren, die uns vielleicht gar nicht guttun. Denn keine Entscheidung zu treffen, ist auch eine Entscheidung – nämlich für die aktuelle Situation, in der wir uns befinden. Gerade für eine gesunde und wirksame Selbstführung ist Entscheidungskompetenz deshalb essenziell: Wer sie nicht aktiv trifft, überlässt anderen oder dem Zufall das Steuer.

Kluge Entscheidungen bringen uns in Bewegung, schaffen Klarheit und stärken unsere Selbstwirksamkeit. Und obwohl wir nie mit absoluter Sicherheit wissen, ob eine Wahl die „richtige“ ist – im Hier und Jetzt bewusst zu entscheiden, ist immer der klügste Schritt.

Was dir helfen kann, dich stimmig zu entscheiden

Auch wenn es kein allgemeingültiges Rezept für die „richtige“ Entscheidung gibt, können bestimmte Schritte dir dabei helfen, in einen klareren Kontakt mit dir selbst zu kommen – besonders dann, wenn Kopf und Gedanken keine eindeutige Richtung vorgeben.

Ein guter Anfang ist, für einen Moment innezuhalten. Sobald du merkst, dass du innerlich hin- und herpendelst, nimm bewusst Tempo heraus. Durchatmen, zur Ruhe kommen – schon das schafft Raum, um dich besser zu spüren.

Gerade bei Entscheidungen, die nicht sofort klar sind, lohnt es sich, die Aufmerksamkeit vom Denken auf die Körperwahrnehmung zu lenken. Denn der Körper ist ehrlicher und schneller als der Verstand. Während dein Kopf noch Argumente sortiert, zeigt dir dein Körper schon, wie eine bestimmte Möglichkeit auf dich wirkt: Spürst du Weite oder Enge, einen Impuls nach vorn oder eher ein inneres Zusammenziehen, Angespanntheit?

Auch Gefühle spielen eine wesentliche Rolle. Nicht als Entscheidungstreiber im Sinne von spontanen Impulsen, sondern als feine Hinweise auf das, was dir entspricht oder eben nicht. Wenn du dir verschiedene Optionen innerlich vorstellst und dabei wahrnimmst, wie du dich fühlst, entsteht oft überraschend viel Klarheit.

Zusätzlich kann es helfen, sich selbst den Druck zu nehmen, sofort die perfekte Lösung finden zu müssen. Eine kluge Entscheidung darf vor allem eines sein: stimmig für den jetzigen Moment. Alles Weitere wird sich zeigen, wenn du den ersten Schritt gegangen bist.

Eine kleine Übung: Prioritäten setzen in der Freizeit

Stell dir vor, es ist Samstagnachmittag. Du hast einige Dinge auf deiner Liste: endlich mal wieder Sport machen, einen Anruf bei einer Freundin nachholen, einkaufen gehen, und eigentlich wolltest du auch einfach mal raus in die Natur. Alles scheint gleichzeitig wichtig – und du weißt nicht, wofür du dich enscheiden sollst.

Bevor du einfach irgendetwas anpackst oder dich im Gedankenkarussell verlierst, geh folgendermaßen vor:

1. Geh raus. Nimm dir 10 bis 15 Minuten Zeit für einen kurzen Spaziergang. Es muss kein Ausflug sein – ein Weg um den Block, in den nächsten Park oder einfach ein Stück unter Bäumen reicht völlig. Der Wechsel in die Natur unterbricht die kreisenden Gedanken und bringt dich automatisch mehr in den Körper.

2. Beweg dich bewusst langsamer. Achte auf deinen Atem, auf die Geräusche um dich herum, auf den Kontakt deiner Füße zum Boden. Lass deine Gedanken ziehen, ohne ihnen nachzugehen.

3. Erinnere dich an deine Optionen. Hol dir innerlich eine Möglichkeit nach der anderen ins Bewusstsein – zuerst den Sport, dann das Telefonat, usw. Stell dir jeweils kurz vor, wie du diesen Punkt angehst. Wie fühlt sich das an? Was verändert sich in deinem Körper, wenn du daran denkst? Kommt Energie oder eher Widerstand?

4. Wähle das, was dir im Moment am meisten entspricht. Nicht das, was „dran wäre“, sondern das, was dir in diesem Moment Kraft gibt, Freude macht oder gut tut.

5. Vertraue auf deine Wahl. Wenn du dich entschieden hast, bleib dabei. Das schafft nicht nur Ruhe, sondern stärkt mit jeder Wiederholung dein Vertrauen in deine eigene Wahrnehmung.

Diese Übung funktioniert besonders gut, wenn du sie regelmäßig in kleinen Situationen anwendest. Die Kombination aus Bewegung, Natur und Körperwahrnehmung hilft dir, aus dem Kopf auszusteigen und zu spüren, was gerade wirklich passt – und genau das ist die Grundlage für eine stimmige Entscheidung. Und wenn du wirklich keine Zeit hast, rauszugehen, dann schau stattdessen ein paar Minuten aus dem Fenster in die Ferne und gewinne so den nötigen Abstand, um innezuhalten.

Fazit zum Abschluss

Kluge Entscheidungen entstehen nicht unter Druck, sondern dort, wo du dir einen Moment Zeit nimmst, um dich selbst wirklich wahrzunehmen. Wenn du Verstand, Gefühl und Körper mit einbeziehst, entsteht Orientierung – auch dann, wenn nicht alles eindeutig ist.

Vielleicht probierst du es am nächsten Wochenende einfach mal aus. Ich freue mich, wenn du deine Erfahrungen mit mir teilst – schreibe mir gerne eine E-Mail an kontakt@anjahume.de.

Herzliche Grüße

Anja