Die Kunst der Balance - zwischen Selbstwirksamkeit und Selbstoptimierung | anjahume.de
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Die Kunst der Balance – zwischen Selbstwirksamkeit und Selbstoptimierung

Die Kunst der Balance – zwischen Selbstwirksamkeit und Selbstoptimierung

03.02.2025 | In den vergangenen Wochen habe ich beleuchtet, wie du dir ein Ziel setzen und es mithilfe neuer Routinen Schritt für Schritt verwirklichen kannst – zwei wesentliche Aspekte der Selbstführung. Selbstführung sollte aber nicht nur wirksam, sondern auch gesund sein. Denn ein zu starker Fokus auf persönliche Ziele kann auch kippen – in Selbstoptimierung, Überforderung oder innere Disbalance.

Und genau das bringt mich zu meinem heutigen Thema: Wie viel Selbstwirksamkeit tut gut – und ab wann kann sie auch zur Belastung werden?

In den letzten 14 Tagen habe ich das ansatzweise selbst erlebt: Voller Motivation und Enthusiasmus habe ich mich auf zwei berufliche Themen konzentriert, die mir Freude bereiten, aber auch fordernd sind. Plötzlich habe ich dann gemerkt, dass ich zunehmend dünnhäutiger wurde, selbst abends noch über die Arbeit gesprochen habe und am Wochenende schlechter abschalten konnte. Da wusste ich: Stopp – du übertreibst es, Anja!

Dieses Erlebnis hat mir wieder einmal gezeigt, wie schmal der Grat zwischen gesunder Selbstführung und sich schleichender Überforderung sein kann. Denn Selbstwirksamkeit fühlt sich gut an – bis sie kippt. Doch was bedeutet Selbstwirksamkeit eigentlich genau, und warum ist sie so entscheidend?

Was ist Selbstwirksamkeit – und warum ist sie so wichtig?

Selbstwirksamkeit ist eine großartige Sache. Wir erleben sie dann, wenn wir etwas allein aus eigener Kraft schaffen, was uns zunächst schwierig erscheint. Sie gibt uns das Selbstvertrauen, unser Leben aktiv zu gestalten, Herausforderungen zu meistern und unsere Ziele tatsächlich zu erreichen – und je öfter wir sie erleben, desto stärker wird sie.

Albert Bandura (kanadischer Psychologe und einer der einflussreichsten Forscher auf dem Gebiet der Lern- und Motivationstheorie) hat es so formuliert:

„Die wahrgenommene Selbstwirksamkeit ist ein zentraler Faktor für den Erfolg therapeutischer Veränderungen. Wenn Menschen nicht glauben, dass sie durch ihr eigenes Handeln gewünschte Effekte erzielen können, haben sie wenig Anreiz zu handeln.“ (Self-Efficacy: The Exercise of Control, 1997)

Kurz gesagt: Wenn wir aufgrund unserer eigenen Erfahrungen daran glauben, dass unser Handeln eine Wirkung hat, werden wir aktiv. Wenn nicht, fühlen wir uns ausgeliefert. Genau hier liegt auch die positive Kraft der Selbstwirksamkeit. Sie trägt zu unserer Resilienz bei und hilft uns, vom Denken ins Tun zu kommen und dranzubleiben, auch wenn es mal schwierig wird.

Gleichzeitig gibt es allerdings auch eine feine Grenze, die wir im Auge behalten sollten: Wann stärkt uns der Fokus auf ein Ziel und die schrittweise Umsetzung und wann beginnt er, uns unbemerkt in eine Richtung zu treiben, die uns eventuell nicht mehr guttut?“

Wenn Zielstrebigkeit in Selbstoptimierung umschlägt

Ziele geben uns Orientierung und Motivation. Sie helfen uns, uns weiterzuentwickeln, dranzubleiben und unsere Selbstwirksamkeit zu entwickeln. Darin liegt aber auch eine Gefahr verborgen: Was, wenn das Augenmerk auf ein Ziel so groß wird, dass wir den ganzheitlichen Blick für uns selbst verlieren und in eine Art Selbstoptimierung geraten?

Stell dir vor, du setzt dir ein klares Ziel, startest voller Energie, bist motiviert und fokussiert – alles läuft nach Plan. Doch mit der Zeit verändert sich etwas. Deine Gedanken kreisen zunehmend um das, was noch zu tun ist. Du gönnst dir weniger Pausen, weil du „dranbleiben“ willst. Und irgendwann fühlt es sich nicht mehr nach Energie an, sondern nach Erschöpfung.

Das Problem: Je stärker wir uns auf ein Ziel fixieren, desto leichter kann es passieren, dass wir die Signale unseres Körpers und unserer Psyche übersehen. Wir werden ungeduldig mit uns selbst (und anderen), erwarten noch mehr Disziplin und nehmen uns kaum noch Raum für Erholung oder Freude. Das, was uns eigentlich voranbringen soll, kann uns dann ausbremsen – und sich wie ein innerer Zwang zur Selbstoptimierung anfühlen.

Genau hier kann die positive Kraft der Selbstwirksamkeit ins Ungesunde kippen. Statt uns zu stärken, wird sie zur Einengung. Wir verlieren die Flexibilität, die es braucht, um nachhaltig wirksam zu sein. Dabei sind es gerade die Phasen des Loslassens, die uns langfristig leistungsfähig und gesund halten. Dann erst können wir von wirksamer und gesunder Selbstführung sprechen.

Achtsamkeit – der Kompass für deine Balance

Wenn Zielstrebigkeit in Selbstoptimierung umschlägt, kann es schwierig sein, rechtzeitig die Bremse zu ziehen. Oft merken wir erst spät, dass wir uns selbst unter Druck setzen und unsere Grenzen überschreiten.

Um diese eigenen Grenzen frühzeitig zu erkennen, ist in meinen Augen der erste und wichtigste Schritt, sich achtsam selbst wahrzunehmen. Wenn wir uns den Raum und die Zeit dafür nehmen, spüren wir sehr genau, ob das, was wir gerade tun, gut für uns ist – oder ob wir uns von Gewohnheiten und Ehrgeiz mitreißen lassen.

Wenn wir lernen, unsere eigenen Muster achtsam zu beobachten, erkennen wir, wann wir aus dem Gleichgewicht geraten. Dann haben wir die Chance, entgegenwirken, bevor uns die Situation ausbremst. Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen – sondern darum, immer wieder anzupassen, was sich wirklich gut und stimmig anfühlt. 

Eine gute Idee ist, von Zeit zu Zeit kurz innezuhalten (da reichen 1-2 Minuten mental Abstand nehmen) und sich selbst zu fragen:

  1. Wie geht es mir gerade?
  2. Fühlt es sich richtig an oder ist es ein Gefühl von „zuviel“?
  3. Wo lasse ich noch Raum für Leichtigkeit, Fehler und absichtslose Freude?

Solche Fragen schaffen die Möglichkeit, bewusst nachzujustieren, anstatt einfach weiterzumachen. Es geht darum, eine Balance zwischen den verschiedenen Lebensbereichen und unseren Bedürfnissen zu finden, die uns guttut – mal zielgerichtet, mal absichtslos, aber immer mit einem guten Gespür für uns selbst. 

Dabei gibt es kein Richtig oder Falsch, denn die Antwort ist für jeden individuell.

Schon Buddha sprach vom „Mittleren Weg“ – einem Leben in Ausgeglichenheit, das uns davor bewahrt, in Extreme zu verfallen.

Drei ungewöhnliche Ideen zum Ausprobieren

Achtsamkeit ist mega-wichtig, aber was könntest du noch ausprobieren? Diese drei Ideen helfen dir, mit einem Augenzwinkern entgegenzuwirken – vielleicht hast du ja Lust, einmal damit zu experimentieren:

Mach es absichtlich falsch:
Setze bewusst etwas nicht perfekt um. Schreibe eine E-Mail mit kleinen Tippfehlern (solange es nicht kritisch ist). Koche ein Rezept, aber lasse eine Zutat weg. Warum? Weil wir oft unter einem inneren Zwang stehen, alles richtig zu machen. Eine kleine „Regelverletzung“ hilft dir, spielerisch aus dem Perfektionsmodus auszusteigen.

Mini-Sabotage gegen dein Tempo
Wenn du immer schneller unterwegs bist, dann leg dir selbst eine kleine Bremse ein. Beispiel: Tippe eine Nachricht absichtlich langsamer als sonst. Iss eine Mahlzeit, ohne parallel aufs Handy zu schauen. Setze dich in ein Café und beobachte nur – ohne Notizen, ohne Podcast im Ohr. Diese bewusste Verlangsamung gibt dir die Chance, zu spüren, wie viel Tempo dir eigentlich guttut.

Die Brille wechseln

Stell dir vor, du würdest dich selbst von außen betrachten – als gute Freundin oder als Mentor. Würdest du dir selbst raten, weiterzumachen, oder eher zu einer Pause ermutigen? Oft sind wir mit uns selbst strenger als mit anderen. Dieser Perspektivwechsel kann dir helfen, eine realistischere Einschätzung deiner Situation zu finden.

Vielleicht möchtest du in den nächsten Tagen einmal darauf achten: Wann bringt dich dein Ziel wirklich weiter – und wann beginnt es, dich zu treiben? Was passiert, wenn du dir erlaubst, einfach mal kurz den Fuß vom Gas zu nehmen?

Schreib mir gern an kontakt@anjahume.de – ich freue mich auf deine Gedanken dazu!

Bis ganz bald,
Anja