Selbstwirksamkeit – von Ohnmacht zu neuer Handlungskraft | anjahume.de
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Selbstwirksamkeit – von Ohnmacht zu neuer Handlungskraft

Selbstwirksamkeit – von Ohnmacht zu neuer Handlungskraft

28.04.2025 | Es gibt Zeiten, da fühlt sich alles irgendwie festgefahren an. So, als würde man auf der Stelle treten und hätte keine Möglichkeit, aktiv zu handeln und etwas positiv zu verändern. Die Gedanken drehen sich im Kreis und selbst mit viel Nachdenken will sich kein Ausweg aus einer bestimmten Situation finden. Stattdessen schleichen sich Ohnmachtsgefühle, Frust oder vielleicht sogar eine depressive Verstimmung ein.

Wenn wir in solchen Momenten das Gefühl haben, äußeren Umständen komplett ausgeliefert zu sein, anstatt aus eigener Kraft gestalten zu können, dann ist unsere Selbstwirksamkeit ins Wanken geraten.

Was du in solchen Situationen tun kannst, um wieder neue Horizonte zu erkennen und handlungsfähig zu werden, erfährst du in diesem Blogbeitrag.

Was bedeutet Selbstwirksamkeit?

Warum ist das Erleben der eigenen Selbstwirksamkeit so zentral, wenn es darum geht, sich mental und emotional wieder aufzurichten und aus (vermeintlich) festgefahrenen Situationen zu lösen?

Der Begriff geht auf den Psychologen Albert Bandura zurück und beschreibt die Überzeugung eines Menschen, aus eigener Kraft etwas bewirken zu können. Gemeint ist damit nicht der Glaube an die Kontrolle über alles, was geschieht – sondern das Vertrauen darauf, in herausfordernden Situationen Einfluss nehmen und handeln zu können. Es geht also um den Glauben an die eigene Selbstwirksamkeit.

Diese Überzeugung entsteht nicht durch bloßes Reflektieren oder positives Denken, sondern vor allem durch konkrete Erfahrungen: Wann immer wir eine Herausforderung meistern, eine Hürde überwinden oder ein selbst gesetztes Ziel erreichen, speichert unser Gehirn diese Erfahrung als „Ich kann das“-Moment ab. Und genau das stärkt nach und nach unsere Selbstwirksamkeitsüberzeugung. Sie gibt uns die Kraft und den Mut, immer wieder nach den eigenen Gestaltungsräumen zu suchen, neue Herausforderungen anzunehmen und unsere Zukunft proaktiv zu gestalten.

Was besonders wichtig ist, sich vor Augen zu führen: Selbstwirksamkeit ist keine Facette deiner Persönlichkeit, sondern eine Haltung, die du trainieren kannst, bis sie mehr und mehr zu dir gehört. Sie kann aber auch schrumpfen, wenn du über längere Zeit das Gefühl hast, keinen Einfluss mehr auf eine Situation zu haben und dich in diesen Zustand ergibst.

Was passiert im Gehirn, wenn wir uns als wirksam erleben – und was, wenn nicht?

Selbstwirksamkeit ist mehr als ein psychologisches Konzept – sie hat direkte Auswirkungen auf unser Gehirn und unser gesamtes Nervensystem.

Wenn wir erleben, dass unser Handeln Wirkung zeigt, schüttet unser Körper unter anderem Dopamin aus – ein Botenstoff, der mit Motivation, Zielorientierung und Handlungskraft in Verbindung steht. Das Gehirn registriert: Ich kann etwas schaffen, wenn ich es mir vornehme. Dieses Erleben stärkt neuronale Netzwerke, die für zielgerichtetes Verhalten, Entscheidungsfreude und Belastbarkeit zuständig sind.

Im Gegenzug dazu aktiviert das Erleben von Ohnmacht – etwa in Situationen, in denen wir uns hilflos fühlen oder keinen Zugang zu Lösungen finden – eher das Stresssystem. Der Körper geht in Alarmbereitschaft, der Cortisolspiegel steigt und das Gehirn fokussiert vor allem auf Risiken und Bedrohungen. Unser Denken verengt sich, der Zugang zu unseren kreativen Ressourcen ist versperrt, und die Fähigkeit, einen Perspektivwechsel einzunehmen, lässt nach. In einem solchen Zustand ist es kaum möglich, neue Handlungsspielräume zu erkennen – was das Gefühl der  Abhängigkeit von äußeren Umständen noch verstärkt.

Selbstwirksamkeit ist somit eine körperlich erfahrbare Ressource – und sie lässt sich gezielt stärken. Wie das geht und warum der Fokus auf Dinge, die wir wirklich beeinflussen können, dabei entscheidend ist, zeige ich dir im nächsten Abschnitt.

Stephen Covey: Die drei Kreise der Einflussnahme

Ein kraftvolles Modell, um die eigene Handlungsfähigkeit im Alltag konkret zu stärken, stammt von Stephen Covey und besteht aus drei Kreisen, die unsere unterschiedlichen Möglichkeiten von Einflussnahme beschreiben. In meinen Coachings und Trainings nutze ich dieses Modell sehr gerne, um meinen Klient*innen und Teilnehmenden das Konzept der Selbstwirksamkeit anschaulich darstellen zu können.

Du kannst dir das Modell von Stephen Covey wie eine Segelreise vorstellen:

Im äußeren Kreis liegt der Circle of Concern – hier ist das Wetter zu verorten. Ob Sturm, Flaute oder strahlender Himmel, du kannst es nicht beeinflussen. Du bist zwar davon betroffen, hast aber keine Kontrolle darüber. Es gehört zu den Umfeldbedingungen, in denen du unterwegs bist.

Bezogen auf unseren Alltag sind dies zum Beispiel globale Entwicklungen, politische Entscheidungen, wirtschaftliche Rahmenbedingungen oder auch das Verhalten anderer Menschen, die nicht zu unserem näheren Umfeld gehören.

Der mittlere Kreis nennt sich Circle of Influence. Hier befinden sich deine Segelcrew und dein Umgang mit anderen Booten. Du kannst nicht entscheiden, ob alle immer kooperieren oder freundlich sind – aber du kannst Beziehungen gestalten, Konflikte klären, kommunizieren und so versuchen, Einfluss auf das Miteinander an Bord und im Hafen zu nehmen. Dieser Einfluss ist nicht garantiert und kontrollierbar, aber er ist spürbar – und er wächst, wenn du ihn bewusst nutzt.

Zu unserem Circle of Influence gehören Kolleg*innen, Freundschaften, Familienmitglieder, Partner*innen usw. Also andere Menschen, mit denen wir in einer direkten Beziehung stehen, die wir aktiv gestalten können – etwa durch konstruktive Gespräche, klare Grenzen oder ein bewusstes Rollenverständnis. Wir können andere nicht ändern, aber wir können Bedingungen beeinflussen, die Reaktionen wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher machen.

Im innersten Kreis schließlich liegt der Circle of Control – das ist dein Segel, dein Steuerrad, deine innere Haltung. Du entscheidest, wie du mit der Situation umgehst. Ob du ruhig bleibst oder in Panik verfällst, ob du hart am Wind segelst oder lieber abfällst. Ob du innehältst, den Kurs anpasst oder neu justierst. Hier liegt deine volle Gestaltungsfreiheit – auch wenn außen alles in Bewegung ist.

Im Alltag gehören dazu unsere Gedanken, unsere Bewertungen, unsere inneren Haltungen und unser eigenes Verhalten. Hier beginnt echte Selbstführung. Wenn du dich auf diesen Bereich konzentrierst, übernimmst du Verantwortung für dich selbst – und genau hier liegt das Potenzial, Selbstwirksamkeit zu erleben.

Das Entscheidende an diesem Modell ist: Wer den Blick bewusst vom Sorgenkreis (Concern) hin zum eigenen Einfluss- und Kontrollbereich (Influence und Control) lenkt, bringt sich wieder in die Roller des Gestaltenden. Der Fokus verschiebt sich vom Problem zur Möglichkeit – und aus innerer Starre wird wieder Beweglichkeit.

Selbstwirksamkeit heißt also nicht, das Wetter zu beherrschen. Es bedeutet, dass du dich handlungsfähig erlebst – nicht nur, wenn der Wind günstig steht, sondern auch, wenn er rauer weht. Es heißt, dass du dir bewusst bist: Ich habe ein Segel, das ich setzen kann, ich kann mein Steuerrad nutzen und meinen Kurs bestimmen, und ich kann versuchen, meine Mannschaft mitzunehmen. Wenn es klappt, ist es toll – wenn nicht, muss ich meinen Kurs vielleicht wieder neu anpassen.

Ein Beispiel aus der Praxis

Vor einigen Wochen habe ich mit einer Klientin gearbeitet, die sich in einem bestimmten Punkt festgefahren fühlte: In ihrer Abteilung wurden gerade größere Umstrukturierungen diskutiert, über die sie kaum Informationen bekam. Gleichzeitig hat sie gemerkt, wie sie ständig darüber nachgrübelte, was da wohl hinter den Kulissen entschieden wurde – und wie sich das auf ihren Job auswirken könnte.

Wir haben dann gemeinsam sortiert: Die strategischen Entscheidungen der Unternehmensleitung bezüglich der Umstrukturierung gehören deutlich in den Sorgenkreis (Circle of Concern). Darauf hat sie keinen direkten Einfluss. Was sie aber beeinflussen konnte (Circle of Influence): bei ihrer Führungskraft gezielt nach den Umstrukturierungsmaßnahmen nachfragen, mehr Klarheit einfordern, und mit Kolleg*innen im Austausch bleiben. Und im Kontrollbereich lag, wie sie mit der Unsicherheit umgehen wollte – zum Beispiel, ob sie sich davon blockieren ließ oder bewusst Energie in Dinge steckte, die sie selbst gestalten konnte.

Im nächsten Schritt hat sie sich dann zwei Dinge vorgenommen: das Thema im Teammeeting anzusprechen, ein kurzes 1:1 mit ihrer Vorgesetzten zu führen – und sich parallel wieder stärker auf ein Projekt zu konzentrieren, das ihr wichtig war und für das sie die Verantwortung hatte.

Zwei Wochen später berichtete sie: Sie fühle sich wieder wesentlich besser – nicht, weil sich alles verändert habe, sondern weil sie wieder gezielt Einfluss genommen und proaktiv gehandelt hat.

Drei Schritte für mehr Selbstwirksamkeit in deinem Leben

Damit das Modell von Stephen Covey dich im Alltag wirklich stärkt, habe ich daraus einen dreistufigen Praxisansatz entwickelt. Er baut aufeinander auf und unterstützt dich dabei, deine Selbstwirksamkeit Schritt für Schritt zu erweitern:

  1. Sortiere deine Gedanken – mit dem Modell von Covey

Nimm dir fünf Minuten Zeit und schreibe dir mit ein paar Stichworten auf, was dich aktuell beschäftigt. Welche Themen kreisen in deinem Kopf, welche Fragen oder Sorgen begleiten dich?

Dann sortiere die Themen in die drei Kreise des Modells ein (eine Vorlage dazu findest du hier):

  • Sorgenkreis (Circle of Concern) – Dinge, die dich beschäftigen, auf die du aber keinen Einfluss hast.
  • Einflussbereich (Circle of Influence): Themen, auf die du mittelbar Einfluss nehmen kannst – z. B. durch dein Verhalten und deine Kommunikation.
  • Kontrollbereich (Circle of Control): Aspekte, die du direkt und unmittelbar selbst gestalten kannst.

Allein dieses Sortieren bringt oft schon eine neue innere Ordnung, Klarheit und setzt Energie frei.

  1. Von einem Kreis in den anderen

Wähle jetzt ein Thema aus deinem Sorgenkreis oder Einflussbereich, das dich besonders beschäftigt. Vielleicht fühlt es sich diffus, übermächtig oder frustrierend an, du hast schon viel versucht, aber nichts hat gegriffen. Geh damit nun einen Schritt weiter, schaue dir das Thema genau an und zerlege es in seine Bestandteile:

Was genau daran liegt tatsächlich außerhalb deiner Einflussmöglichkeiten – und bei welchen Aspekten kannst du etwas für dich gestalten, deine Haltung ändern oder dich bewusst für oder gegen etwas entscheiden? Oft versteckt sich Selbstwirksamkeit im Detail – und du entdeckst bei einem scheinbar festgefahrenen Thema neue Handlungsoptionen. Ganz im Sinne von: change it, love it or leave it.

  1. Spüre den Moment der Veränderung

Nimm dir ein paar Minuten Zeit, um ganz genau nachzuspüren, was passiert, sobald du bei einem belastenden Thema plötzlich neue Handlungsmöglichkeiten entdeckst, die wirklich zu 100 Prozent in deinem Einflussbereich liegen (Circle of Control). Wie verändert sich dein inneres Erleben in dem Moment, in dem aus Ohnmacht wieder Möglichkeit wird?

  • Was spürst du im Körper? Wird etwas weiter, leichter, wärmer?
  • Welche Gedanken tauchen auf – vielleicht ein Funke von Hoffnung, ein konkreter Impuls?
  • Welche Worte würden das neue Gefühl beschreiben?
  • Und wie wirkt sich das auf deine Haltung, deine Energie, deinen Atem aus?

Viele Menschen beschreiben diesen Moment als Übergang von Enge zu Weite, von Stillstand zu Lebendigkeit. Wenn du lernst, ihn wahrzunehmen, kannst du ihn stärken – und dich im Alltag bewusster für die wirksame Seite deines Denkens und Handelns entscheiden.

Zum Abschluss: In Bewegung kommen – innerlich wie äußerlich

Den eigenen Körper in Bewegung zu bringen, ist ein kleiner, aber kraftvoller Schritt in Richtung Selbstwirksamkeit. Besonders in der Natur entsteht oft wie von selbst der nächste Gedanke, der nächste Schritt, der erste Impuls zur Veränderung. Bewegung versetzt nicht nur den Körper in Schwung, sondern auch den Kopf. Vielleicht ist es ein Spaziergang, vielleicht auch die Arbeit im Garten. Manchmal reicht es sogar schon, sich bewusst aufzurichten und aufzustehen. All das ist Erleben von Selbstwirksamkeit.

Ich wünsche dir viele Momente, in denen du deine Wirksamkeit erlebst. Wenn du magst, erzähl mir davon: Welche Erfahrungen hast du mit dem Modell von Stephen Covey gemacht? Und wie unterstützt dich die Natur dabei, deine Selbstwirksamkeit zu stärken?

Herzliche Grüße,

Anja