
07 März Mental Load – wenn der Kopf überquillt
03.03.2025 | In meinem letzten Blogbeitrag ging es um Langeweile – und darum, wie gerade diese Momente dir wertvolle Hinweise geben können, was in deinem Leben vielleicht Aufmerksamkeit braucht.
Heute möchte ich mich einem Zustand widmen, der genau das Gegenteil beschreibt – nämlich dann, wenn zu viele Dinge gleichzeitig unsere emotionale und mentale Aufmerksamkeit beanspruchen und der Kopf schier überquillt vor lauter To-dos, Gedanken, Verantwortlichkeiten und Sorgen. Da zunehmend viele Menschen unter diesem Zustand leiden, hat man ihm sogar einen eigenen Namen gegeben: Mental Load.
Darum soll es heute gehen:
- Wie entsteht mentale Überlastung und welche Auswirkungen kann sie konkret haben?
- Was passiert bei Mental Load in unserem Gehirn?
- Und – ganz wichtig – was kannst du tun, um Mental Load abzubauen und besser noch, gar nicht erst entstehen zu lassen?
Was ist Mental Load?
Mental Load beschreibt die unsichtbare Denkarbeit, die wir leisten und die meist viel mehr Energie kostet als die eigentliche Erledigung unserer Aufgaben. Beim Mental Load geht es vor allem darum, berufliche oder private Anforderungen im Blick zu behalten, zu wissen, was ansteht, was geplant, organisiert oder noch entschieden werden muss. Auch das Gefühl, nichts von dem vergessen zu dürfen, gehört dazu. Oft begleitet uns diese permanente Denkarbeit im Hinterkopf über den Tag hinweg sogar bis in den Schlaf und schafft es, uns diesen zu rauben.
Doch Mental Load entsteht nicht nur durch die Beschäftigung mit konkreten To-dos. Manchmal sind es auch offene Fragen, unterschwellige Sorgen oder andere emotionale Themen, die unseren Kopf füllen. Das Gehirn bleibt in einer Dauerschleife beschäftigt – auch besonders dann, wenn wir eigentlich zur Ruhe kommen möchten. Genau das macht Mental Load so anstrengend. Denn selbst wenn äußerlich nichts passiert und wir in diesem Moment nicht proaktiv handeln können, arbeitet unser Kopf weiter auf Hochtouren.
Wie kann sich Mental Load in deinem Alltag auswirken?
Diese permanente mentale Arbeit – ob bewusst oder unbewusst – bleibt nicht ohne Folgen. Mental Load ist keine abstrakte Theorie, sondern zeigt sich konkret im Alltag – im Denken, Fühlen und körperlich. Wer ständig plant, erinnert und grübelt, fühlt sich irgendwann erschöpft. Nicht, weil zu viel getan wird, sondern weil kein mentaler Freiraum mehr bleibt. Anfangs ist es nur eine leichte Unruhe, doch mit der Zeit kann sich dieser Zustand summieren bis zu einem Punkt, an dem einem alles zu viel wird.
Konkret kann sich dies beispielsweise in zunehmender Erschöpfung äußern. Dann fühlen wir uns trotz ausreichend Schlaf müde und dünnhäutig. Die Gedanken kreisen, Schlafstörungen schleichen sich ein, und es fällt schwer, den Fokus zu halten. Aufgaben bleiben liegen, und selbst kleine Reize können uns aus dem Gleichgewicht bringen.
Körperlich kann sich die Belastung bemerkbar machen, indem sich Verspannungen oder Kopfschmerzen zeigen. Andere wiederum haben Magen-Darm-Beschwerden oder bemerken einen dauerhaft erhöhten Puls.
Emotional kommt oft hinzu, dass man das Gefühl hat, nie genug zu tun, obwohl man eigentlich ständig in Bewegung ist. Dinge, die früher Spaß gemacht haben, wirken anstrengend, und der Rückzug erscheint oft als der einfachste Weg, um sich vor weiteren Reizen zu schützen.
Mental Load schleicht sich langsam ein und wird oft erst bemerkt, wenn er zur Gewohnheit geworden ist. Je länger dieser Zustand anhält, desto schwieriger wird es, wieder herauszukommen. Unser Gehirn spielt dabei eine entscheidende Rolle – denn unter dauerhafter Belastung verändert sich nicht nur unsere Wahrnehmung, sondern auch unsere Fähigkeit, uns selbst zu entlasten.
Was macht Mental Load mit unserem Gehirn?
Mental Load ist nicht nur eine lästige Gedankenflut, sondern er verändert die Arbeitsweise unseres Gehirns und kann uns in einen Teufelskreis führen. Natürlich können wir viele Dinge gleichzeitig im Kopf haben, doch wenn wir ständig planen, mental organisieren und erinnern, gerät unser präfrontaler Kortex – zuständig für Entscheidungen und Prioritäten – an seine Grenzen.
Währenddessen übernimmt das limbische System, insbesondere die Amygdala, die Kontrolle. Sie reagiert auf anhaltenden Stress mit Alarmbereitschaft, sodass wir uns getrieben oder blockiert fühlen. Dazu steigt der Cortisolspiegel, unser zentrales Stresshormon. Bleibt dieser dauerhaft hoch, sind wir innerlich unruhig, schneller erschöpft und emotional weniger belastbar. Dadurch fehlen uns genau die mentalen Ressourcen, die wir bräuchten, um uns aus dem Teufelskreis zu befreien – und deshalb fühlt es sich oft so schwer an, aus dem Mental Load auszubrechen.
Soforthilfe gegen Mental Load: Notbremse ziehen und Auszeit nehmen!
Aber nun genug mit den unangenehmen Beschreibungen. Letztendlich haben wir immer die Möglichkeit, uns irgendwie weiterzuhelfen und kleine Veränderungen können viel bewirken.
Was kannst du also tun, wenn du dich genau so fühlst, wie oben beschrieben? Mein Tipp zur Soforthilfe: Sobald du merkst, dass du im mentalen Hamsterrad feststeckst, solltest du dir einen Break verordnen! Manchmal reichen in einer akuten Belastungssituation schon ein paar Stunden am Abend ganz konsequent nur für dich, ohne Verpflichtungen oder To-dos. Der Schlüssel liegt darin, wirklich nichts zu tun, außer dir selbst etwas Gutes. Ob du dir ein leckeres Essen kochst oder einfach das Pizzataxi bestellst, auf dem Sofa herumlümmelst und dich bewusst langweilst oder lange duschst – völlig egal, solange du keine Aufgabe von deiner To-Do-Liste erledigst. Vielleicht merkst du es noch nicht direkt, dass es dir guttut. Dann gib dir etwas Zeit und mach es trotzdem.
Ziel dieser Übung ist es, deinem Kopf eine Pause zu gönnen. Mit einfachen Dingen, die deinen Körper oder deine Sinne entspannen, hilfst du ihm, herunterzufahren. Und ich bin mir sicher: Am nächsten Tag wirst du dich ein kleines bisschen besser fühlen – nicht trotz, sondern gerade, weil du nichts erledigt hast.
Diese kleinen Auszeiten sind nicht nur als Notbremse wertvoll, sondern am besten fest in deinem Alltag verankert, damit es gar nicht erst zu einer Überlastung kommt.
Druck rausnehmen: Was du tun (und lassen) kannst
Neben den Mini-Auszeiten gibt eine Reihe von Ansätzen, die zusammen dafür sorgen können, dass der Kopf wieder freier wird. Drei davon möchte ich dir vorstellen:
- Stelle dir zwei Fragen – ehrlich und entschlossen
Muss wirklich alles erledigt werden? Und muss es wirklich von mir erledigt werden? Vieles bleibt an uns hängen, weil wir es aus Gewohnheit tun oder weil wir es niemand anderem zutrauen. Aber vielleicht gibt es Aufgaben, die du streichen, verschieben oder abgeben kannst – ohne dass die Welt untergeht. - Raus aus dem Kopf – rein in die Liste
Alles, was du nicht aktiv im Gedächtnis behalten musst, nimmt Druck raus und gibt neue mentale Ressourcen frei. Schreib alles auf, so weißt du, nichts geht verloren und du kannst entspannen. Damit meine ich wirklich alles, was dir als anstehende Aufgabe, ganzes Projekt oder Idee für irgendwann im Kopf rumschwirrt. Du kannst dafür Listen in einem Planer nutzen oder ein digitales Tool (z. B. Todoist). Eine tolle Methode dazu ist hier übrigens GTD (Getting Things Done) von David Allen. - Schau auf deine innere Einstellung
Manche Dinge lassen sich nicht ändern – aber wie wir sie bewerten, schon. Statt dich innerlich unter Druck zu setzen, könntest du überlegen, ob du eine für dich angenehmere und leichtere Sichtweise auf die Dinge findest. Genau hier setzt übrigens Zürcher Ressourcen Modell (ZRM®) an: Es hilft dir, unbewusste Denkmuster zu erkennen und gezielt eine Haltung zu entwickeln, die dich stärkt, statt dich auszubremsen.
Weitblick in der Natur – Überblick für den Kopf
Heute möchte ich für dich als abschließenden Praxistipp die Natur mit ins Spiel bringen. Vielleicht kennst du das: Sobald dein Blick über eine weite Landschaft, eine Bergkette oder den Horizont schweift, fühlt sich dein Kopf freier an. Das ist kein Zufall. Die Aufmerksamkeits-Erholungs-Theorie zeigt, dass natürliche Umgebungen unsere mentale Erschöpfung reduzieren. Besonders der Blick in die Ferne hilft, weil er das Gehirn aus dem Stressmodus holt. Während Anspannung oft mit einem engen, fokussierten Blick einhergeht, signalisiert der Weitblick deinem Gehirn Entspannung und schafft Raum für neue Perspektiven.
Wenn du dich also von dem, was in deinem Leben gerade ansteht und dich beschäftigt, überfordert fühlst und du den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr siehst, nimm dir 15 Minuten Zeit in der Natur. Schon ein kurzer Spaziergang kombiniert mit einem bewussten Schauen in die Ferne wird dir helfen, wieder mehr Überblick zu gewinnen. Dein Denken wird klarer, Prioritäten lassen sich leichter setzen – und plötzlich ist spürbar, dass nicht alles sofort erledigt werden muss.
Manchmal reicht schon dieser kleine Schritt, um wieder klarer zu denken und handlungsfähiger zu werden. Meine Empfehlung ist, dass du es einfach einmal ausprobierst und auf einer Skala markierst: Wie geht es mir vor und nach dieser Übung? Hier findest du mein Arbeitsblatt dazu.
Wenn du Lust hast, schreib mir von deinen Erfahrungen (kontakt@anjahume.de) mit dem „Mental Load“ und was dir persönlich hilft.
Herzliche Grüße und bis zum nächsten Mal,
Anja